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Begegnung mit dem Verborgenen

Bischof Hofmann feiert Aschermittwoch mit Künstlern und Kunstschaffenden aus Unterfranken im Kiliansdom – Neues Fastentuch verhüllt Chorbogenkreuz

Würzburg (POW) Beim traditionellen Aschermittwoch der Künstler hat Bischof Dr. Friedhelm Hofmann das künstlerische Schaffen mit einer Spurensuche nach Gott verglichen. Erstmals hing vor dem Chorbogenkreuz das neue Fastentuch, das die Kölner Textilkünstlerin Martha Kreutzer-Temming für den Würzburger Kiliansdom geschaffen hat. Er hoffe, dass mit diesem Fastentuch eine alte Tradition weitergeführt werde, „die uns durch äußere Verhüllung zu einer inneren Begegnung mit dem Verborgenen führt“, sagte der Bischof. An der Messfeier am Mittwochvormittag, 1. März, nahmen rund 450 Künstler und Kunstschaffende aus Unterfranken teil. Bischof Hofmann, Dompropst Weihbischof Ulrich Boom, Generalvikar Dr. Dominik Meiering (Erzbistum Köln), Domvikar Dr. Burkhard Rosenzweig, Domvikar Vizeoffizial Thomas Drexler und Diakon Thomas Pfeifer legten den Künstlern das Aschenkreuz auf. Im Anschluss sprach Meiering im Burkardushaus über das Thema „Verhüllen und Offenbaren. Von verhüllenden Bildern und offenbarenden Vorhängen“.

Die Beziehung zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, dem Offenbaren und Verhüllen, wie sie auch im neuen Fastentuch im Kiliansdom sichtbar werde, stellte Bischof Hofmann in den Mittelpunkt seiner Predigt. „Es gibt wohl kaum eine Menschengruppe wie die Künstler, die Kunstschaffenden, die in ihrem Tun das Spirituelle, das Göttliche erahnen und auf der Suche danach sind“, sagte der Bischof. Der Maler, Bildhauer und Fotograf Gerhard Richter habe einmal gesagt: „Viele meiner Bilder sind fiktive Modelle, weil sie eine Wirklichkeit veranschaulichen, die wir weder sehen noch beschreiben können, auf deren Existenz wir aber schließen können.“ In der Heiligen Schrift sei die Wolke ein Symbol für den Übergang vom Unsichtbaren zum Sichtbaren und umgekehrt, sagte Bischof Hofmann weiter. Gott habe sich Moses auf dem Berg Sinai in einer dunklen Wolke gezeigt. Auch bei der Himmelfahrt Jesu sei von einer Wolke die Rede, die Jesus aufgenommen und den Blicken der Apostel entzogen habe. „Künstler haben schon sehr früh dieses Symbol des sich offenbarenden und doch zugleich verhüllenden Gottes aufgegriffen“, erläuterte der Bischof.

Dem Thema „des zu verhüllenden Offenwerdens und des zu entschlüsselnden Verhüllens“ diene auch das neue Fastentuch, sagte Bischof Hofmann. „Es legt sich wie ein Wolkenschleier vor den Gekreuzigten. Der offene Blick auf das Kruzifix ist nicht mehr gegeben, aber gerade in der Verhüllung des Gekreuzigten erwacht das Interesse, ihn anschauen zu können.“ Man brauche genügend Zeit, um sich im Sehen einzufinden. Abschließend ließ Bischof Hofmann die Künstlerin in einem Zitat selbst zu Wort kommen: „Mein Fastentuch ist ein Schleier. Verhülltes fasst man nicht an… Das transparente Weiß nimmt sich und den Betrachter zurück. Er ahnt, da ist noch etwas dahinter. Eine Distanz entsteht, die innerlich bewegt und anrührt.“

In seinem Vortrag zum Thema „Verhüllen und Offenbaren. Von verhüllenden Bildern und offenbarenden Vorhängen“ griff auch Meiering die Beziehung zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren auf. „Überall ist das Thema des Ver- und Enthüllens in den Religionen als roter Faden zu finden.“ Im Tempel zu Jerusalem werde die Tora hinter einem Vorhang verborgen. Auch der Tabernakel werde durch Türen und Vorhänge verschlossen. „Der Vorhang selbst ist die Botschaft. Er macht deutlich, dass es einen Gott gibt, der unendlich und ewig und für uns nicht zu begreifen ist“, erklärte Meiering. Dann lenkte er den Blick auf die unzähligen Vorhänge und verhüllenden Stoffe in christlichen Kultbildern. Wann immer es einen Vorhang gebe, dürfe man davon ausgehen, dass es um „die Botschaft einer enthüllenden Wirklichkeit“ gehe. Auch das Fastentuch gehöre zu den enthüllenden Riten in der Liturgie. „Das kostbare Kruzifix wird unseren Augen entrissen“, sagte er mit Bezug auf das neue Fastentuch im Kiliansdom. Zugleich gehe es auch darum, den Raum in seiner Leere und Weite neu zu entdecken. „Gott, der sich verhüllt, will immer wieder neu entdeckt werden und sich in uns und durch uns offenbaren.“

Die Feier wurde musikalisch gestaltet von Hans Molitor (Trompete) und Hans-Bernhard Ruß (Orgel).

Die Tradition des Fastentuchs und das neue Fastentuch im Kiliansdom

Seit mindestens einem Jahrtausend sind Fastentücher bezeugt, die während der Fastenzeit an den Chorbögen hingen. In späteren Zeiten verhüllten sie die Altäre, um so auch mit den Augen zu „fasten“. Ursprünglich waren diese Tücher schlicht und ohne Gestaltung, später wurden sie bemalt oder mit Stickereien geschmückt. Auch für den Würzburger Kiliansdom ist ein solches Fastentuch für die Zeit um 1580 bezeugt. Wie dieses ausgesehen hat, ist nicht bekannt. Jedoch ist archivalisch belegt, dass es jeden Samstag in der Messe nach dem Gebet des Vaterunser aufgezogen wurde und den Sonntag über im Chor hängen blieb.

Die Kölner Textilkünstlerin Martha Kreutzer-Temming hat das Fastentuch für den Kiliansdom geschaffen, das seit Aschermittwoch das Chorbogenkreuz den Blicken entzieht. Es ist jedoch nicht blickdicht gestaltet, sondern wird je nach Lichteinfall etwas vom dahinter hängenden Kreuz erahnen lassen. Das Tuch ist nach den Worten der Künstlerin keine Aufforderung zum Wegsehen oder die Augen zu schließen: „Hier soll man schauen und denken, und je länger man schaut, desto eindrucksvoller wird das Sehen, desto intensiver das Gesehene.“ Das Fastentuch misst 7,50 auf 4,20 Meter. Es besteht aus handgewebtem Stoff, der in mehreren Lagen übereinander vernäht ist, und entstand in drei Jahren intensiver Handarbeit.

Kreutzer-Temming wurde 1933 in der Nähe von Münster geboren. Sie studierte Malerei und Textile Künste an der Werkschule Münster und anschließend Malerei an der Werkkunstschule Köln. Mit einem Studium der Bau- und Glasmalerei in Münster schloss sie ihre Ausbildung ab. Ihre Faszination für die Farbe Weiß, angeregt durch den Philosophen Hugo Kückelhaus, führte zu zahlreichen textilen Arbeiten „Weiß in Weiß“. Dazu arbeitet Kreutzer-Temming in den Techniken der Leinenapplikation und der Stickerei. Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit bilden die großformatigen Fastentücher.

sti (POW)

(0917/0258; E-Mail voraus)

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