Würzburg (POW) Frühes Aufstehen, spätestens um 5 Uhr, dann die morgendliche Laudes und die Messfeier im Würzburger Mutterhaus der Erlöserschwestern in der Ebracher Gasse gehören zum festen Tagesprogramm. Und nach wie vor verbringt er viel Zeit am Schreibtisch: Am Freitag, 6. April, wird Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele, langjähriger Bischof von Würzburg, 90 Jahre alt. Um 9 Uhr feiert er im Kiliansdom einen Dankgottesdienst, eine Begegnung schließt sich an. „Als Kind und Heranwachsender war ich oft kränklich. Ich bin dankbar, dass ich so alt geworden bin“, sagt Bischof Scheele.
Als Bischof sei er auch nach seiner Emeritierung im Jahr 2003 seinem Grundauftrag verpflichtet, das Wort Gottes zu verkündigen und die Sakramente zu spenden. „Beides praktiziere ich Tag für Tag“ – entweder bei Firmungen, Jubiläen und Altarweihen in den Gemeinden des Bistums Würzburg oder im Mutterhaus der Erlöserschwestern. Die Ökumene, die Einheit der Christen begeistert und fordert ihn auch im hohen Alter: „Das ist eine Lebensaufgabe.“ Bischof Scheele leitet nach wie vor den Wissenschaftlichen Beirat des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn. Die Mitarbeit im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen hat er inzwischen beendet – zu anstrengend sind ihm im Alter die vielen dafür erforderlichen Reisen.
Zum Einsatz im Bistum und in der Ökumene gesellt sich ein drittes Arbeitsfeld für den emeritierten Bischof: die Theologie. Die Zahl der Fachvorträge und vom ihm gestalteten Exerzitien für Priester anderer Diözesen hat er ein wenig zurückgeschraubt. „Mit dem Schreiben von Büchern ist es aufgrund eines Augenleidens leider vorbei. Aber ich versuche, Aktuelles zu lesen und so manches Buch gründlich zu studieren, für das ich vorher nicht so viel Zeit hatte“, erzählt der Bischof.
Mit seinem reichen Leben für Kirche, Ökumene und Theologie gilt Bischof Scheele heute als ein bedeutender Zeitzeuge. Er gehört zu den wenigen noch lebenden Theologen, die das Zweite Vatikanische Konzil live miterlebt haben – damals als Journalist. Er selbst wisse bis heute nicht, wie er damals zu der Ehre gelangte, aus Rom berichten zu dürfen, „wo man doch sonst nur die besten Leute dafür nimmt“, sagt Bischof Scheele mit dem für ihn typischen Humor. Er kann erzählen, wie er Julius Kardinal Döpfner beim Konzil, in der Deutschen Bischofskonferenz und bei der Würzburger Synode begegnet ist. Er weiß viel über die Situation der früheren Würzburger Gebiete in Südthüringen vor dem Mauerfall. Und er kann von einem Leben im Einsatz für die Einheit, die „Weitervereinigung“ der Christen berichten, was nach den Worten Bischof Scheeles Aufgabe jedes Christen ist. „Wenn ich auf das blicke, was sich in den vergangenen Jahrzehnten bewegt hat, dann kann ich optimistisch sein.“
In seiner Freizeit widmet er sich gerne der Musik. „Klavierliteratur kann ich der Augen wegen nicht mehr gut spielen. Aber ich höre mir gerne Musik an oder verfolge Konzertsendungen im Fernsehen.“ Beim Tod seines guten Freundes Karl Kardinal Lehmann habe er beim Anhören von Verdis Requiem des Verstorbenen gedacht. Fest im Programm der Woche verankert ist die Sportschau. „Das interessiert mich nach wie vor und macht mir Freude, wenn die Richtigen gewinnen. Es ist nicht so gut, wenn die Würzburger Kickers verlieren“, sagt der Bischof.
Groß planen will Bischof Scheele für seine weitere Lebenszeit nicht. „Das tun, was Tag für Tag ansteht“, lautet sein Motto. Auf den neuen Bischof Dr. Franz Jung, den er als Bischofssekretär seines ehemaligen Generalvikars Dr. Anton Schlembach kennenlernte, freut er sich. „Ich habe ihm gesagt: Freu Dich, dass Du hier wirken kannst. Hier sind viele Helfer, auf die Du Dich verlassen kannst.“
Die Menschen im Glauben stärken, gut vorbereitet predigen, weiter im Bistum mithelfen, die vielen Kontakte im Bistum und weltweit pflegen: Bischof Scheele wird es auch nach dem 90. Geburtstag nicht langweilig werden.
Zur Person: Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele
Paul-Werner Scheele wurde 1928 in Olpe in Westfalen geboren. Nach Kriegsdienst, Abitur und Studium weihte ihn Erzbischof Lorenz Jaeger am 29. März 1952 in Paderborn zum Priester. Danach war Scheele Kaplan und Religionslehrer an berufsbildenden Schulen in Paderborn. 1964 promovierte er an der Theologischen Fakultät der Universität Würzburg und war dann als Journalist für eine kirchliche Zeitschrift bei der dritten und bei Teilen der vierten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils tätig. Es folgten Jahre als Professor in Fulda und Marburg, in Bochum und Würzburg, schließlich von 1971 bis 1979 in Paderborn. Dort leitete er das Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik. Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt spendete Scheele am 9. März 1975 in Paderborn die Bischofsweihe. Es folgten vier Jahre als Weihbischof in Paderborn. Am 31. August 1979 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum 87. Bischof von Würzburg. Die Amtseinführung fand am 21. Oktober 1979 in Würzburg statt. 24 Jahre, von 1979 bis 2003, leitete Bischof Scheele das Kiliansbistum gemäß seinem Wahlspruch „Friede und Freude“. In der Deutschen Bischofskonferenz war er von 1976 bis 2003 Vorsitzender der Ökumenekommission. Außerdem war er neben vielen weiteren ökumenischen Aufgaben von 1984 bis 2008 als Mitglied im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen tätig. Seit 14. Juli 2003 ist er emeritiert, nimmt aber weiterhin zahlreiche Aufgaben im Bistum und in der weltweiten Ökumene wahr, beispielsweise seit 2003 in der Kommission für den theologischen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen. Bischof Scheele ist Ehrendomherr in Paderborn und Würzburg, Träger der Goldenen Stadtplakette der Stadt Würzburg, des Bayerischen Verdienstordens und des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse sowie Honorarprofessor und Ehrensenator an der Universität Würzburg. Anlässlich des 85. Geburtstags verlieh ihm die Stadt Würzburg 2013 den Ehrenring.
Ausführliche Interviews mit Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele gibt es in der Ausgabe des Würzburger katholischen Sonntagsblatts vom Ostersonntag, 1. April, sowie in den Kirchensendungen der Hörfunkredaktion der Diözese Würzburg auf Radio Charivari, Radio Primaton und Radio Primavera am Ostersonntag (Frequenzen und Zeiten unter radio.bistum-wuerzburg.de).
mh (POW)
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