Würzburg (POW) Unter der Überschrift „Lobgesang“ steht das Herbstkonzert der Würzburger Dommusik am Sonntag, 19. Oktober, um 16 Uhr im Würzburger Kiliansdom. Der international gefeierte Tenor Clemens Bieber ist als Solist zu hören. Was ihn mit dem Kiliansdom verbindet und zu welchen Werken er eine besondere Beziehung hat, erklärt er in folgendem Interview.
POW: Herr Bieber, am 19. Oktober kehren Sie für das Herbstkonzert der Würzburger Dommusik zurück in den Kiliansdom, den Ort, an dem Ihre Gesangskarriere begann. Man könnte sagen, in gewisser Weise schließt sich ein Kreis. Welche Gedanken gehen Ihnen dabei durch den Kopf?
Clemens Bieber: Ja, mit diesem Konzert schließt sich für mich ein Kreis, der 1964 mit dem Eintritt in die Würzburger Domsingknaben begann. Der Wunsch zu singen zeigte sich bereits früh. Bei den Domsingknaben mitzuwirken war mein größtes Ziel. Unter Domkapellmeister Franz Fleckenstein erhielten wir Knaben eine fundierte musikalische Ausbildung und eine intensive Einführung in die Welt der Kirchenmusik. Neben den Gottesdiensten,waren die Pueri-Cantores-Treffen in Rom besondere Erlebnisse, die Einweihung des Würzburger Domes am 7. Mai 1967 der Höhepunkt meiner Sängerknabenzeit. In diesen Jahren wurde die Grundlage meiner musikalischen Arbeit gelegt, dankenswerterweise ermöglicht durch Bischof Josef Stangl und das Domkapitel. Sehr stark geprägt im Verlauf der Jahre hat mich natürlich das Singen unter Domkapellmeister Professor Siegfried Koesler, ab 1971 als Tenor im Domchor. Viele wunderbare Werke der Kirchenmusik in Gottesdiensten und Konzerten bereicherten mein musikalisches Wissen, der Würzburger Dom war für mich der Ort geistlicher und musikalischer Erkenntnis. Daher ist das Singen im Würzburger Dom für mich ein tiefes Empfinden voller Dankbarkeit und Einzigartigkeit, hier erfüllt sich für mich seit Beginn meines Singens die Verbindung von Geistlichkeit und Musik.
POW: Was ist für Sie der wesentliche Unterschied zwischen dem Singen in weltlichen Gebäuden wie der Komischen Oper in Berlin und dem Bayreuther Festspielhaus und einem sakralen Gebäude wie dem Dom?
Bieber: Neben der Deutschen Oper Berlin durfte ich in vielen Opernhäusern und Konzertsälen, darunter 21 Jahre in Bayreuth, auftreten und singen, die Prägungen und die Erfahrungen aus der Würzburger Dommusik klingen bis heute immer wieder mit.
POW: Wie haben Sie gemeinsam mit Domkapellmeister Alexander Rüth und Domkantor Julian Beutmiller das Konzertprogramm festgelegt? Den Abschluss beim Konzert bildet eine Vertonung von Psalm 150, die der Komponist und Präsident der Würzburger Hochschule für Musik Bertold Hummel geschaffen hat. Mit ihm und dem Stück sind Sie in gewisser Weise ja mehrfach verbunden, richtig?
Bieber: Das Programm dieses Konzertes zeigt die Vielfalt der musikalischen Möglichkeiten der Würzburger Dommusik. Die Musik von Bertold Hummel mit seiner Festmesse zur Eröffnung des Domes war für mich ein Weg zur neuen Musik, sein „Schrein der Märtyrer“ mit den Worten unseres Bischofs Dr. Paul-Werner Scheele die Vollendung seines musikalischen Wirkens am Dom. Dass ich bei beiden Werken mitwirken durfte, erfüllt mich heute noch mit sehr großer Freude. Mendelssohns Lobgesang ist für mich eine der besten Lobpreisungen der Kirchenmusik. Ich danke Domkapellmeister Alexander Rüth für die Aufführung dieser großartigen Musik sehr herzlich. Dieses Werk und der Komponist sind mir immer besonders am Herzen gelegen, seine Oratorien und Symphonien beeindrucken mich stets aufs Neue.
POW: Richard Wagner hatte für die Uraufführung von Felix Mendelssohn Bartholdys „Lobgesang“ anlässlich der Feiern zum 400. Jubiläum der Buchdruckerkunst nur Spott übrig. Wenig Begeisterung zeigte auch Adolf Bernhard Marx, bedeutender Musiktheoretiker des 19. Jahrhunderts. Die Kritik lautete, Mendelssohn habe sich vermeintlich an Beethovens Neunter Sinfonie orientiert. Wie beurteilen Sie diese Einschätzung?
Bieber: Die Kritik seiner Zeitgenossen und späterer Musikkenner, besonders Richard Wagners, kann ich nur aus der Zeit und den gesellschaftlichen Umständen verstehen. Teilen kann ich sie nicht!
POW: „Intende voci“, eine Tenorarie mit Chor von Franz Schubert, ist letztlich die Vertonung eines flehentlichen Gebets, in dem der Betende sich direkt an Gott wendet und um dessen Aufmerksamkeit und Beistand bittet. Muss man in Ihren Augen gläubig sein, um kirchenmusikalische Stücke wie dieses überzeugend vorzutragen?
Bieber: Franz Schubert mit „Intende voci“ passt ideal zu Mendelssohn und Hummel, zeigt das Werk doch die tiefe Gläubigkeit dieses Komponisten in seiner Zeit. Viele Messen von Franz Schubert hat die Dommusik aufgeführt, bei etlichen durfte ich mitwirken. Dieses flehende Gebet an Gott mit Schuberts Musik führt die Dommusik zum ersten Mal auf, ein Werk großer Frömmigkeit. Alle drei Komponisten waren tief im Glauben ihrer Zeit verwurzelt und verkünden in ihrer Musik den Geist Gottes. Erfreuen wir uns am Erklingen dieser wunderbaren Werke.
POW: Es gibt einen Würzburger Domkapitular, der den gleichen Namen wie Sie trägt. Kennen Sie ihn und gab oder gibt es mitunter Verwechslungen zwischen Ihnen?
Bieber: Ich kenne ihn seit Mitte der 1980er Jahre und habe ihn auch schon einige Male getroffen. Durch meinen Wegzug 1986 nach Saarbrücken ans Staatstheater trennten sich aber unsere Würzburger Wege und die möglichen Verwechslungen wurden sehr gering. Ich freue mich aber immer, wenn ich in Würzburg bin, ihn zufällig zu sehen.
Interview: Markus Hauck (POW)
Konzertkarten für das Domkonzert am 19. Oktober um 16 Uhr sind zum Stückpreis von 35, 29, 16 und zehn Euro bei der Dominfo, Domstraße 40 in Würzburg, allen bekannten Vorverkaufsstellen, online unter reservix.de sowie an der Konzertkasse erhältlich.
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