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Dokumentation

Der tiefe Ernst der Taufe

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung in der Osternacht am Samstag, 16. April 2022, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

liebe Täuflinge und liebe Paten,

Die Taufe auf den Tod

„Wir, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, sind auf seinen Tod getauft worden.“

Der Apostel Paulus kommt ohne Umschweife zur Sache. Wir wurden und wir werden als Christen getauft auf den Tod Jesu Christi. Ganz ehrlich, besonders einladend klingt das nicht gerade. Christentum als Religion der Todessehnsucht oder der Verliebtheit in den Tod? Menschen, die sich dem Tod und dem Geschäft des Tötens verschrieben haben, gibt es doch schon genug in dieser Welt.

Im Sterben und Tod mit Christus vereint

Getauft auf den Tod. Dieses verstörende Statement des Apostels lässt aufhorchen. Es ruft uns den tiefen Ernst der Taufe wieder ins Bewusstsein. Nein, die Taufe ist keine Kindersegnung, als die sie viele Gläubige erachten, wenn sie die Säuglinge und Neugeborenen zur Kirche bringen.

Die Taufe auf den Tod Jesu Christi führt uns in eindrücklicher Weise vielmehr unsere Sterblichkeit vor Augen. Wir sind endliche Menschen. Als solche ist der Tod unser ständiger Wegbegleiter in seinen kleinen und großen Erscheinungsweisen. Da gibt es die unwiderruflichen Abschiede im Leben. Da sind unsere Fehler und Sünden, mit denen wir uns selbst den Weg verbaut haben. Dazu gehören auch das persönliche Scheitern und die vielen Lebenspläne, die sich zerschlagen haben und vor deren Scherbenhaufen wir stehen. Aber auch die geplatzten Träume haben hier ihren Platz, die uns unsanft auf den Boden der Wirklichkeit zurückgeworfen haben. Sie zwingen uns, uns aufzuraffen und immer wieder neu zu beginnen.

Das Taufwasser und das Hineingetaucht-Werden in Christi Tod

Ja, der Tod ist groß. Er umfängt unser Leben von vielen Seiten. Getauft auf den Tod, Hineingetauchte in den Tod sind wir. Das vollziehen wir jetzt gleich im Übergießen mit dem Taufwasser. Wir dürfen diese vielen kleinen und großen Tode im Leben annehmen, weil Christus sie für uns und mit uns angenommen hat. Im Tod sind wir nicht allein. Der Herr ist bei uns, hinabgestiegen in das Reich des Todes. Das ist gut zu wissen in dieser Nacht, die die Nächte unseres Lebens symbolisiert wie keine andere.

Die Todesschmerzen werden Geburtsschmerzen

Gerne würden wir den Todesschmerzen ausweichen. Wir streben danach, den Schmerz zu betäuben. Versuchen die bedrängende und schmerzliche Wirklichkeit auszublenden. Weil Christus an unserer Seite ist, müssen wir das aber nicht tun. Der Apostel Paulus deutet in einem wunderbaren Bild im gleichen Römerbrief die Todesschmerzen um in Geburtsschmerzen (Röm 8,22).

Mit Christus an der Seite ist jedes Ende im Leben der Beginn von etwas Neuem, etwas ganz Anderem und Größerem. Meist können wir noch nicht absehen, was danach kommt. Aber eines ist sicher: Es geht gut weiter.

Dafür steht die Osterkerze. Sie leuchtet zu Beginn der Osternacht einsam in der dunklen Kirche. So wird deutlich, dass jedes Licht von dieser Kerze stammt. Christus ist unser Licht. Christus ist Ihr Licht. Denn an dieser Kerze werden Sie gleich Ihre Taufkerze entzünden. Dieses Licht ein Leben lang hüten und es vor dem Erlöschen bewahren zu können, wünsche ich Ihnen heute Nacht von Herzen.

Das neue Leben mit Christus und in Christus

„Wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir nun mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.“

Mit jedem Abschied und jedem Sterbeprozess lädt Gott uns ein, uns enger mit Christus zu verbinden. Das Alte sollen und dürfen wir hinter uns lassen. Wir sollen nicht zurückdenken. Nicht dem hinterherhängen, was sich erledigt hat. Wir sollen unser Leben nach vorne leben und beherzt in die Zukunft schauen. Ausdruck dafür ist das weiße Taufkleid, mit dem Sie heute Nacht bekleidet werden.

Im wahrsten Sinne des Wortes ziehen Sie Christus an. Wie jedes kostbare Kleid im Leben erinnert es Sie an den Neuanfang mit dem auferstandenen Herrn. Im Gegensatz zum Erstkommunionkleid oder zum Hochzeitskleid sollten Sie dieses Taufkleid nicht einmotten. Es gehört ab jetzt zu Ihrer beständigen, heiligen Garderobe. Tragen Sie es mit Würde und Freude. Ziehen Sie es immer wieder an, wenn Sie scheinbar nur noch schwarzsehen und nichts mehr geht. Erinnern Sie sich daran, dass Sie den angezogen haben, der unsere Menschennatur angezogen hat, um uns mit der Festfreude des Himmels zu überkleiden.

Das ein für alle Mal und die Mühsal des Alltags

„Denn durch sein Sterben ist Christus ein für alle Mal gestorben für die Sünde, sein Leben aber lebt er für Gott.“

Ein für alle Mal ist Christus gestorben für die Sünde, sagt Paulus. Ein großes Wort, „ein für alle Mal“. Wir wissen alle, wie das mit den großen Worten im Leben ist, die wir ein für alle Mal geben. Sie wollen mühsam Tag für Tag neu bestätigt werden. Mühsam, weil das mit erheblichen Anstrengungen verbunden ist. Sich immer wieder neu aufzuraffen. Dem Alten nicht nachzugeben. Den bösen Gedanken an Rache oder Vergeltung nicht nachzuhängen. Das Vergangene gut sein zu lassen. Die Selbstzweifel zu begraben. Die Fühler nach dem Leben neu auszustrecken.

Mühsam, ja. Vielleicht aber auch müh-selig im Erringen immer neuer Freiheiten aus dem Glauben an die Auferstehung. Gerade in diesem Ringen wird unser Glaube auf die Probe gestellt. Aber ebenso gilt, dass in diesem Ringen sich zeigt, wie weit der Glaube an die Auferstehung trägt.

Dieses „ein für alle Mal“ findet seinen Ausdruck heute Nacht in der Salbung mit dem kostbaren Chrisam. Die Salbung mit dem heiligen Öl des Chrisams versteht die Kirche als Versiegelung. Sie tragen das Siegel des Heiligen Geistes. Sie gehören ein für alle Mal Gott, weil Sie vom Herrn gesiegelt wurden. Sie wurden damit auch versiegelt gegen alle Angriffe des Bösen. Und als Trägerinnen und Träger des göttlichen Qualitätssiegels sollen Sie sich ab jetzt immer wieder neu als Kinder Gottes erweisen und bewähren.

Das neue Selbstverständnis aus dem Glauben

„So begreift auch ihr euch als Menschen, die für die Sünde tot sind, aber für Gott leben in Christus Jesus.“

Geradezu beschwörend beschließt der Apostel Paulus seine Betrachtung zum Sakrament der Taufe mit der Aufforderung an seine Gemeinde, sich neu zu verstehen. Ein wunderbares Wort: „Begreift auch ihr euch als neue Menschen“. Dieses sich neu begreifen zeigt sich in den konkreten Entscheidungen unseres Lebens. Und diese Entscheidungen folgen der Befragung vor der Taufe, die nur zwei Antworten kennt: „ich glaube“ und „ich widersage“.

Da gibt es nichts Drittes. „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein“, sagt Jesus (Mt 5,37). Da gibt es kein Herumdrücken oder Herumlavieren. Der Glaube schenkt Klarheit und er fordert Klarheit. Wo Dinge nicht geklärt sind im Leben, wo man sich nie darüber klargeworden ist, wer man sein will und was man möchte, da beginnen andere über uns zu entscheiden. Unklarheit und Unentschiedenheit führen nicht selten in schwierige Situationen, die dann oft unter Schmerzen nach einer Klärung rufen.

Ich glaube an den Schöpfer, der durch Christus die Welt erlöst hat und der mir durch seinen Heiligen Geist Anteil an seinem ewigen Leben gibt. Ich widersage allem, was mein und anderes Leben zerstört. Ich wünsche Ihnen heute diese innere Klarheit im Leben aus dem Glauben. Und ich wünsche Ihnen Mitchristen, Schwestern und Brüder im Herrn, die Sie begleiten auf Ihrem Lebensweg. Sie mögen Ihnen zur Seite stehen, wenn Sie wieder einmal den Aufruf des Apostels hören, sich als neue Menschen zu begreifen und sich für Gott und für das Leben zu entscheiden.

Der Herr segne Sie auf Ihrem weiteren Weg in der Kirche. In der großen Freude über Ihr Zeugnis und Ihren Mut, heute Nacht zur Taufe hinzuzutreten, wollen wir uns nun zum Taufstein begeben und das Taufwasser weihen. Amen.