Würzburg (POW) Christen sind aufgefordert, einem Zeitgeist zu wehren, der Waren vor Werten rangieren lässt. „Wir dürfen, ja müssen uns in einer Gesellschaft einbringen, die möglicherweise ihre eigenen Grundlagen zerstört, aus denen Frieden und Prosperität erwachsen sind.“ Das hat Bischof Dr. Friedhelm Hofmann vor mehr als 900 Frauen und Männern beim Wallfahrtsgottesdienst am Montagabend, 10. Juli, im Kiliansdom betont. Er dankte den Politikern und Räten für ihren Einsatz für das Gemeinwohl.
Die Gegenwart sei geprägt von wissenschaftlichen Erfolgen, kriegerischen Auseinandersetzungen mit Vertreibung und Flucht, weltweiten Gerechtigkeitsfragen, Hungerproblemen und einer ausgehöhlten Gläubigkeit in Deutschland, sagte der Bischof in seiner Predigt. „Für viele sind Glaube und Wissenschaft zwei gegensätzliche Bereiche. Sie sind keine Gegensätze, sondern die zwei Seiten einer Medaille.“ Papst Franziskus betone, das Licht des Glaubens besitze eine ganz besondere Eigenart, da es fähig sei, das gesamte Sein des Menschen zu erleuchten. Bischof Hofmann sagte, er habe die diesjährige Kiliani-Wallfahrtswoche bewusst unter das Psalmwort „Nahe ist der Herr allen, die ihn rufen“ gestellt. Seine Hoffnung sei, dass dieses helfe, die große Freude im Glauben zu spüren und die Weite der Horizonte wieder kraftvoll wahrzunehmen, die der Glaube erschließe.
In der Person Jesu Christi fänden Christen die Lösung vieler aktueller Fragen. „Von ihm leiten wir das christliche Menschenbild ab.“ Gerade vor dem Hintergrund aktueller Probleme sei es wichtig festzuhalten, dass jeder Mensch seine Würde aus der Gottesebenbildlichkeit habe. „Er ist einmalig und in seiner Würde unantastbar. Mann und Frau sind gleichwertig. Im Nächsten begegne ich Christus.“ Solidarität mit den Armen, Benachteiligten und Schwachen sei daher unerlässlich. „Unsere Grundwerte heißen Wahrheit, Freiheit, Gerechtigkeit und Liebe, Verantwortung für das Gemeinwohl, Achtung der Menschenwürde, Anerkennung des Wertes der Arbeit, Schutz der Familie als gesellschaftliches Fundament.“ Ehe gebe es aus christlicher Sicht nur zwischen Mann und Frau – „mit der Offenheit für die Zeugung neuen Lebens“. Und diesem Leben müsse vom Augenblick der Zeugung bis zum letzten Atemzug Achtung entgegengebracht werden, hob der Bischof hervor.
Eindringlich warnte Bischof Hofmann davor, Werte aus der Rationalität und der Logik herzuleiten. „Wissenschaftliche Vernunft kann aber keine ethischen und sozialen Werte schaffen.“ Die im jüdisch-christlichen Glauben vorgegebenen und erprobten Werte seien Grundlagen, auf denen die Menschheit eine tragfähige gemeinsame Zukunft gestalten könne. „Nehmen wir unsere Berufung als Christen wahr, die christlichen Werte in einer Gesellschaft zu vertreten, die ohne diese nicht entstanden wäre und ohne die sie keine Chance hat zu überleben.“
Der Politiker- und Räteabend führte auch heuer wieder Kirche, Politik und Gesellschaft zusammen. Gekommen waren unter anderem der bayerische Justizminister Winfried Bausback, die Landtagsabgeordneten Manfred Ländner und Kathi Petersen, Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Landrätin Tamara Bischof (Kitzingen) und die Landräte Florian Töpper (Schweinfurt) und Eberhard Nuß (Würzburg). „Es ist wichtig, dass Christen mit ihren Werten sich in der Politik und den Kirchengemeinden einbringen“, betonte Bausback. Die Erinnerung an die Werte durch den Bischof sei wichtig. „Schließlich lebt die Gesellschaft von Voraussetzungen, deren Entstehung sie nicht selbst garantieren kann.“ Landtagsabgeordneter Ländner freute sich über die „große Schar der Frauen und Männer, die sich aus dem christlichem Geist heraus engagieren. Daraus erwächst ein großartiger Segen.“
Würzburgs Oberbürgermeister Schuchardt lobte nach dem Gottesdienst: „Dieser Kiliani-Wallfahrtstag ermöglicht jedes Jahr wunderbare Begegnungen mit Menschen aus ganz Unterfranken. Dank der Anregungen durch den Bischof sind die Gespräche sehr inspiriert.“ Landrätin Bischof erklärte, für sie als evangelische Christin sei die Atmosphäre im Dom immer „wunderschön“. Sie schätze zudem die Gelegenheit zur Begegnung im Anschluss. Ihr Landratskollege Nuß hob hervor: „Diese Veranstaltung ist eine Bereicherung für Kiliani. Denn sie macht auch nach außen wieder den Ursprung des Fests deutlich, der in den Frankenaposteln und ihrem Wirken liegt. Aber abgesehen davon ist es schön, hier so viele Politikerkollegen zu treffen. Da lässt sich auch einmal etwas auf dem kurzen Dienstweg besprechen.“
Gekommen waren zudem Bürgermeister, Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte sowie Mitglieder von Dekanatsräten, Kirchenverwaltungen und Pfarrgemeinderäten. Aus dem Dekanat Bad Neustadt waren drei Busse mit rund 150 Personen nach Würzburg gekommen, darunter auch vier Vertreter von Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat der Pfarrei Sankt Johannes der Täufer im Bad Neustädter Stadtteil Brendlorenzen. „Die Einladung hierher ist für uns eine wertvolle Anerkennung“, sagten Helmut Bauer, Albrecht und Gudrun Scheuplein und Annemarie Seufert. Tanja Steinruck vom Pfarrgemeinderat der Würzburger Pfarrei Unsere Liebe Frau zeigte sich bei der Begegnung auf dem Kiliansplatz erfreut über die Gelegenheit zu Austausch und Gespräch. „Da weitet sich der Blick schnell über den eigenen Kirchturm hinaus.“
Der Diözesanrat war unter anderem mit dem Vorsitzenden Karl-Peter Büttner und dessen Stellvertretern Lucia Stamm und Ralf Sauer vertreten. Bei der anschließenden Begegnung auf dem Kiliansplatz nutzten viele die Gelegenheit, Bischof Dr. Hofmann, Weihbischof Ulrich Boom, Generalvikar Thomas Keßler und den Mitgliedern des Allgemeinen Geistlichen Rats persönlich zu begegnen und ihnen so manches Anliegen vorzutragen.
mh (POW)
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