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Dokumentation

„Ratgeber, Ermutiger und Trainer in einem“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung am Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter Maria am Mittwochabend, 8. Dezember 2021, im Kiliansdom

Das Fest des reinen Neubeginns

Das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria ist das Fest des reinen Neubeginns. Gott erwählt Maria vom ersten Augenblick ihres Lebens an. Er bewahrt sie auf einzigartige Weise vor den Verstrickungen in die schuldhaften Zusammenhänge dieser Welt. Was uns versagt bleibt, worunter wir zu leiden haben und was uns immer schwer zu schaffen macht, davor ist Maria bewahrt geblieben.

Sie musste nicht kämpfen mit Sachzwängen, die unseren Entscheidungsspielraum empfindlich einengen. Sie musste sich nicht abarbeiten an eigenen oder fremden Fehlentscheidungen, wie es uns tagtäglich zugemutet wird. Sie konnte das tun, wonach wir uns im Tiefsten immer wieder sehnen: unbeschwert neu anfangen im Vertrauen auf Gott, das nicht getrübt war durch Halbherzigkeit oder Mutlosigkeit.

Maria wird so zum Inbegriff des neuen Menschen oder besser: Maria wird zum Inbegriff des Menschen wie Gott ihn sich wünschte im Anfang der Schöpfung. Nicht umsonst haben die Väter der Kirche in Maria die neue Eva gesehen. Sie ist die neue Mutter, die den neuen Menschen Jesus Christus zur Welt bringen wird.

Der Neubeginn mit der Maria Immaculata und die neuen Dekanate

Das Fest des reinen Neubeginns ist daher gut gewählt für die Errichtung der neuen Dekanate und die Vereidigung der neuen Dekane, die wir heute vornehmen. Mit der Dekanatsstruktur ist der Prozess der Neugliederung unseres Bistums jetzt abgeschlossen. Vergangenes Jahr haben wir am gleichen Tag die 43 Steuerungsgruppen für die Entwicklung der Pastoralen Räume ausgesandt, die jetzt offiziell errichtet werden.

Nach dem Besuch der 20 alten Dekanate in meinem ersten Jahr war es mir als Bischof wichtig, die Neustrukturierung schnell auf den Weg zu bringen. Daher die rasche Abfolge von Errichtung der neuen Räume und Dekanate. Bekanntermaßen kann man sich endlos in Strukturfragen verzetteln. Doch das soll nicht sein. Den Rahmen für das eigene Handeln abzustecken ist unabdingbar. Wichtiger aber als der Rahmen ist der Inhalt. Dafür wollen wir uns in den nächsten Jahren ausgiebig Zeit nehmen.

Das führt mich auch zu meinem ersten Punkt. Das heutige Fest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria steckt auch den Rahmen ab, wenn man so will. Um das Heil wirken zu können, schafft Gott sich die nötige Voraussetzung: Einen Menschen, der ihm ganz und gar vertraut und der bereit ist, ihm aus ganzem Herzen zu dienen. Diese Bereitschaft ist noch nicht das Heil.

Dementsprechend zeigen auch die künstlerischen Darstellungen die Maria Immaculata als junge Frau noch ohne das Jesuskind auf dem Arm. Aber ihre innere Bereitschaft stellt eine notwendige Vorbedingung dar, um Gott den Weg in diese Welt zu bereiten.

In ähnlicher Weise ist der Idealzustand mit der Errichtung der neuen Dekanate noch nicht erreicht. Aber sie umschreiben einen Raum, innerhalb dessen wir uns neu aufstellen wollen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, die neuen Dekanate deckungsgleich mit den Landkreisen und kreisfreien Städten zu gestalten.

Das hat zum einen ganz praktische Gründe. Schon jetzt sind kirchlicherseits auf Landkreisebene und Ebene der kreisfreien Städte die Orts- und Kreis-Caritasverbände angesiedelt, ebenso die Kirchenmusik und die Jugendarbeit. So bieten sich hier neue interne Möglichkeiten der Vernetzung.

Aber zum anderen geht es uns im Sinne der Sozialraumorientierung auch darum, die politischen und sozialen Entwicklungen im Landkreis und in den großen Städten zu beobachten. In den kommenden Jahren wird es darauf ankommen, uns miteinander zu vernetzen und nach Kooperationspartnern zu suchen. Die Landkreise und kreisfreien Städte bieten dafür sicher viele Anknüpfungspunkte. Da beide Großkirchen derzeit vor denselben Herausforderungen stehen, gilt der Vernetzungsgedanke natürlich auch im Blick auf die ökumenische Zusammenarbeit.

Wie gesagt: Die neue Struktur ist für sich genommen noch kein Garant dafür, dass alles gut wird. Aber sie kann eine hilfreiche Voraussetzung sein, um sich als Kirche neu aufzustellen und die Chancen zu ergreifen, die sich hier bieten.

Die Maria Immaculata steht auf der Erdkugel als Sinnbild der Stellvertretung

Das führt mich zu meinem zweiten Gedanken. Die ohne Erbsünde empfangene Jungfrau und Gottesmutter Maria steht auf einer Erdkugel. Diese Form der Darstellung erinnert an das Prinzip der Stellvertretung. Gott wirkt das Heil nicht am Menschen vorbei. Sondern wenn die Welt erlöst werden soll, bedarf es dazu des Mittuns des Menschen, der sich vom Herrn in den Dienst nehmen lässt. Was jeder Einzelne Hilfreiches beiträgt, kommt allen anderen zugute.

Insofern spielen auch Personen für die Heilsvermittlung eine unersetzliche Rolle. Mein Dank geht deshalb heute an die neun Mitbrüder, die sich bereit erklärt haben, die Aufgabe des Dekans zu übernehmen. Es sind dies im Einzelnen:

Pfarrer Martin Heim für das Dekanat Aschaffenburg,

Pfarrer Stephan Hartmann für das Dekanat Bad Kissingen,

Pfarrer Dr. Christian Lutz für das Dekanat Haßberge,

Pfarrer Gerhard Spöckl für das Dekanat Kitzingen,

Pfarrer Simon Mayer für das Dekanat Main-Spessart,

Pfarrer Michael Prokschi für das Dekanat Miltenberg,

Pfarrer Dr. Andreas Krefft für das Dekanat Rhön-Grabfeld,

Pfarrer Stefan Kömm für das Dekanat Schweinfurt und

Dompfarrer Stefan Gessner für das Dekanat Würzburg.

Ihre Wahl zum Dekan ist ein großer Vertrauensbeweis und eine gute Grundlage für Ihr Handeln. Zugleich sind mit Ihrer Wahl auch die Erwartungen verbunden, dass Sie die Interessen der Gläubigen und Mitarbeitenden vertreten und in die diözesanen Entscheidungsprozesse einbringen.

Als Dekane haben Sie Vorbildfunktion. Das heutige Fest des unbelasteten Neubeginns wird Ihnen zum Auftrag. Das bedeutet, vorauszugehen und Motoren künftiger Entwicklungen zu sein.  Ihre drei Hauptaufgaben lauten: vernetzen, unterstützen und vertreten. Vernetzen innerhalb der Pastoralen Räume Ihres Dekanates. Unterstützen, wo Hilfestellung von außen erforderlich ist oder entsprechende Hilfestellung durch das Bistum einzufordern. Und vertreten, um auf der Ebene des Landkreises und der kreisfreien Städte das Dekanat zu repräsentieren.

Sie nehmen die Aufgabe als Dekane wahr neben den gewohnten seelsorglichen Aufgaben. Mir ist sehr bewusst, dass das in diesen bewegten Zeiten eine echte Herausforderung darstellt. So nehme ich auch uns in die Pflicht, Sie nach Kräften bei der Wahrnehmung Ihres Amtes zu unterstützen. Dem dienen die neuen Dekanatsbüros, die Ihnen zur Hand gehen und bei denen auch die neu einzurichtende Verwaltungsunterstützung angesiedelt ist. Die neuen Leiterinnen und Leiter der Dekanatsbüros heiße ich an dieser Stelle herzlich unter uns willkommen und bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich für die gute Vorbereitung und Durchführung der Dekanewahl, bei der sie erstmals ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt haben.

Aber noch einmal: Maria auf der Weltkugel erinnert uns daran, dass nur das beherzte Eintreten für das Neue durch Einzelne alle anderen weiterbringt. Insofern ist auch das Dekaneamt gelebte Stellvertretung. Danke für Ihre Bereitschaft, an der Neuaufstellung des Bistums mitzuwirken und sich dafür einzusetzen.

Die Maria Immaculata tritt der alten Schlange auf den Kopf und setzt sich gegen Widerstände durch

Ein drittes. Die Maria Immaculata tritt der Schlange auf den Kopf, die sich unter ihren Füßen windet und versucht, den Erdkreis einzuschnüren. Ein starkes Bild für den Sieg der neuen Eva über das Böse. Maria verfällt nicht wie Eva den Verführungskünsten der Schlange. Die von der Erbsünde befreite Frau trifft vielmehr die Schlange an ihrer empfindlichsten Stelle, am Kopf. So wird der Bann des Bösen gebrochen. Auch wenn die Schlange noch immer im Todeskampf versucht, die Welt zu umschlingen, den Sieg wird sie nicht mehr davontragen können.

Ein tröstliches Bild für das Ringen, das mit jedem Neubeginn einhergeht. Lieber hält man am Bestehenden fest, als sich auf unbekanntes Terrain vorzuwagen. Das ist ganz natürlich und zutiefst menschlich. Um gut mit Widerständen umzugehen, bedarf es mehrerer Fähigkeiten.

Zum einen darf man sich nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen. Zu wissen, dass noch nie eine Neuerung ohne Widerstände eingeführt wurde, mag da entlasten, auch wenn es nicht immer wirklich weiterhilft.

Zum anderen aber sind Widerstände Hinweise auf Probleme, die sich auftun und noch nicht hinreichend bedacht wurden oder noch gar nicht in den Blick gekommen sind.

Des Weiteren signalisieren Widerstände Angst. Diese kann sich aus den unterschiedlichsten Quellen speisen: Angst vor einer unbekannten Zukunft. Angst, den neuen Herausforderungen nicht gewachsen zu sein. Angst, das bisher Vertraute aufgeben zu müssen mit einem bestimmten Arbeitsstil und einer eingespielten Routine.

Auch wenn die Macht der alten Schlange gebrochen ist, sie hat uns bisweilen noch immer mächtig im Griff. In einer solchen Situation der Blockade oder Selbstblockade helfen nur drei Dinge: wahrnehmen, ernst nehmen, an der Hand nehmen.

Wahrnehmen, dass es ein Problem gibt, ohne das einfach abzutun oder zu unterschlagen. Den anderen ernst nehmen mit seinen Sorgen und Nöten und wirklich zuzuhören. Diejenigen, die Hilfe brauchen, dann an der Hand zu nehmen und ihnen einen Weg zu weisen, der ihnen möglich ist, um nicht zurück zu bleiben.

Die Dekane werden so zu Ratgebern, Ermutigern und Trainern in einem. Glücklicherweise stehen Sie mit dieser Aufgabe nicht allein. Das Dekanatsteam der Hauptamtlichen und das Dekanatsforum der Ehrenamtlichen stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite und helfen mit, die anstehenden Herausforderungen zu reflektieren und gemeinsam nach guten Lösungen zu suchen. Heute wünsche ich Ihnen die innere Gelassenheit, die es braucht, um angesichts der sich auftuenden Schwierigkeiten nicht mutlos zu werden und zu resignieren. Der Blick auf Maria, die der Schlange auf den Kopf tritt, mag uns da immer wieder trösten und aufrichten.

Die Maria Immaculata steht auf dem Halbmond, weil Christus die Sonne ist

Ein letzter Gedanke. Die Maria Immaculata steht in der Regel auf einem Halbmond. Damit folgt die Ikonographie dem 12. Buch der Offenbarung des Johannes, in dem von der apokalyptischen Frau gesagt wird, sie wäre mit der Sonne bekleidet, von Sternen umkränzt und würde auf dem Mond stehen.

Der Mond strahlt nicht. Wenn er leuchtet, dann nur, weil er von der Sonne angestrahlt wird. In diesem Sinne steht Maria auch nicht im Mittelpunkt. Wenn sie in ganz weißer Gewandung leuchtet, dann deshalb, weil der göttliche Glanz auf sie fällt. Ihr Licht hat sie von Christus, der das Licht der Welt ist. Ein wichtiger Hinweis am heutigen Tag.

Denn jeder Neubeginn hat seine eigene Dynamik. Dabei droht schnell die Gefahr, sich nur noch mit den eigenen Problemen zu befassen und um sich selbst zu kreisen. Die Maria Immaculata erinnert uns immer neu daran, nicht auf uns zu schauen, sondern den Blick auf Christus zu richten. Um seinetwillen gibt es die Kirche. Sie ist kein Selbstzweck. Ihre Daseinsberechtigung hat sie darin, ihm den Weg in diese Welt zu bereiten. Seinen Advent soll sie ermöglichen, seine Ankunft.

Die Maria Immaculata als der adventliche Mensch, helfe uns am heutigen Tag dieser Mission, treu zu bleiben und Wegbereiter des Herrn zu werden. Das wünsche ich uns allen von Herzen, heute am Tag des reinen Neubeginns. Das wünsche ich aber auch besonders Ihnen heute, liebe Dekane, die Sie jetzt Ihr Versprechen vor der Gemeinde ablegen, dem Herrn nach dem Vorbild Mariens zu dienen. Möge die Fürsprache der Gottesmutter Sie begleiten und Ihnen den Segen Gottes erwirken. Amen.