Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Sich den eigenen Ängsten stellen

Aschermittwoch der Künstler mit Bischof Dr. Franz Jung im Neumünster – „Museum am Dom“ zum 20. Jubiläum mit neuer Dauerausstellung

Würzburg (POW) Die Fastenzeit ist eine Zeit des geistlichen Kampfs. Das hat Bischof Dr. Franz Jung beim Aschermittwoch der Künstler am 22. Februar im Würzburger Neumünster betont. Er interpretierte in seiner Predigt das Bild „Colosseum“ des in Ostdeutschland geborenen Künstlers A. R. Penck. Als Zeichen der Buße ließen sich die Gläubigen ein Aschekreuz auf die Stirn legen. Bei der anschließenden Begegnung im „Museum am Dom“ blickte Dr. Jürgen Emmert, Leiter der Abteilung Kunst, auf die Geschichte der Einrichtung, die am 6. März 2003, damals der Tag nach Aschermittwoch, die Tore öffnete. Dr. Wolfgang Schneider, stellvertretender Leiter der Abteilung Kunst, erläuterte die Neukonzeption der Dauerausstellung.

Bischof Jung deutete das 1990 geschaffene Gemälde Pencks als Einladung, über die Bedrohung im eigenen Leben nachzudenken. Zentrales Element ist ein großer Löwe, der das Gefühl von Angst und Ohnmacht verbreitet. Sichtbar werde das durch zwei blasse Menschen am Bildrand, die sich aneinander klammern. Löwen suchten vor allem vereinzelte, unerfahrene, in die Enge getriebene, verletzte und kranke, alte Tiere als Beute. Der Bischof erinnerte daran, dass Ausgrenzung Menschen leichter manipulierbar mache, weil neue Spielräume und Unterstützung fehlten. Ähnlich ergehe es Menschen, die mit einer bislang neuen Erfahrung konfrontiert würden. Das Neue erscheine übergroß und drohe einen zu verschlingen. „Erst ein längerer Umgang mit Krisenphänomenen gibt uns eine gewisse Sicherheit.“

Menschen, die sich verrennen und keinen Ausweg mehr sehen, liefen Gefahr, aus Angst vor der Ausweglosigkeit zu sterben, „da der Löwe uns alle Lebenskraft und allen Überlebenswillen raubt und uns lähmt“. Ähnlich irrationale Reaktionen entstünden durch Verletzt-Sein und das Gefühl der Ohnmacht. „Ohnmacht schlägt oft um in pure Aggression.“ Insofern erwachse die Gestalt des Löwen mitunter auch im eigenen Inneren, erläuterte der Bischof. Gleiches gelte, wenn Menschen sich ihrer aufgrund des Alters schwindenden Kräfte bewusst würden. Wie Bischof Jung weiter ausführte, kenne jeder Mensch innere und äußere Colosseums-Erfahrungen. „Es ist wie im Bild: Die Zuschauer bleiben am Rand, hilflos, gelangweilt, sensationslüstern, sadistisch oder mitleidend.“

Weitere Bilder

Christus kenne die Angst, dass der Rachen des Löwen sich über ihm schließt, aus seiner Leidensgeschichte. „Gerade weil er das Leiden angenommen, getragen und durchlitten hat, konnte er es verwandeln in neues Leben.“ Deswegen werde Christus in der Offenbarung des Johannes auch als siegreicher Löwe und geschlachtetes Lamm bezeichnet. Die 40 Tage der Fastenzeit seien eine Einladung, sich den Löwen des eigenen Lebens zu stellen, ohne wegzulaufen, ermunterte der Bischof.

„Museen sind keine von jeder Zeitlichkeit losgelösten Inseln im Meer der Zeit mehr, sondern stellen sich gesellschaftlichen Fragen und auch ihrer eigenen Sammlungsgeschichte“, erklärte Emmert im Anschluss an den Gottesdienst im benachbarten „Museum am Dom“. Deshalb entstünden derzeit Rundgänge, die aus unterschiedlichen Perspektiven die Sammlung beleuchteten. „Wir bleiben dabei der Gegenüberstellung alter und neuer Kunst treu, die bei der Eröffnung vor 20 Jahren grundgelegt wurde.“ Es sei den Verantwortlichen bewusst, dass die reichen Bildwelten abendländischer Kunst für viele Zeitgenossen kaum mehr verständlich seien, auch wenn sie aus der populären Kultur nicht wegzudenken seien. „Hier wollen wir ansetzen und Zugänge schaffen, die möglichst viele Menschen erreichen“, betonte Emmert. Ein Beispiel sei die Installation von Diana Buts, einer gebürtigen Lembergerin, die seit 2019 in Würzburg Kommunikationsdesign studiert. Sie zeigt über 32 Schlüsselobjekte 32 Geschichten von Geflüchteten aus der Ukraine – analog zu 32 Jahren der Unabhängigkeit des Landes.

Die Neukonzeption der Dauerausstellung erläuterte Schneider. Grundüberlegung sei gewesen, welche Strukturen sich bei einem Blick auf Sammlungsbestände zwanglos erschlössen und wie es gelingen könne, den Bilderschatz der diözesanen Kunstsammlungen weniger hermetisch zu präsentieren. „Unter diesen Vorgaben kristallisierten sich sieben Gruppen heraus, die mit elementaren Begriffen überschrieben sind: Natur, Mutter, Osten, Wege, Sohn, Jenseits, Mensch.“ Verschiedenfarbig gefasste Wände binden diese Gruppen optisch zusammen. Statt im Jahr 2003 insgesamt 484 Kunstwerken unter 45 Stichworten sind jetzt 152 (zum Teil mehrteilige) Werke zu sehen. 71 davon waren auch schon 2003 Teil der Dauerausstellung. Schwerpunkt und Alleinstellungsmerkmal unter den kirchlichen Museen seien die Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus der ehemaligen DDR. Ordinariatsrätin Dr. Christine Schrappe, Leiterin der Hauptabteilung „Kultur und Bildung“, gratulierte zur Neukonzeption und hob hervor, dass durch vielfältige thematische Führungen und museumspädagogische Angebote das Museum deutlich in die Stadt hinein ausstrahle.

Der Gottesdienst im Neumünster wurde von Charlotte Schmidt-Berger auf der Flöte, Diözesanmusikdirektor Rainer Aberle an der Orgel und Kantorin Dagmar Aberle musikalisch gestaltet.

mh (POW)

(0923/0247; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet